Abschied von Hauptmann Michael Wenter

Abschied von Hauptmann Michael Wenter

Abschied von Hauptmann Michael Wenter

 

Grabrede des Landeskomandanten Elmar Thaler:

Es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Als du auf die Welt kamst, weintest du. Und um dich herum freuten sich alle. Lebe so, dass, wenn du die Welt verlässt, alle weinen und du lächelst.“ Lieber Michl, auf wen treffen diese Sätze mehr zu als auf dich.  Fast pausenlos, so ist es überliefert, gab es in den ersten vier Monaten deines Lebens bei Tag und Nacht Protestgeschrei – und doch, wenn wir heute, in diesen schweren Stunden an dich denken – dein Bild vor uns haben – dann sehen wir dich im Gedanken mit einem Lächeln, jenem verschmitzten, zufriedenen Lächeln, das dein Markenzeichen war. 

Zufrieden, ja zufrieden ist sicher ein Attribut, das dich sehr gut beschreibt. – So bist du jedenfalls bei uns immer rübergekommen. Zufrieden konntest du wohl auch sein. Du warst ein verlässlicher Mensch, hattest eine Familie, die du über alles geliebt hast, hattest dir ein Eigenheim errichtet, du standest mit beiden Beinen fest auf dem Boden und mitten im Leben.

Du warst von Jugend an ein Mensch, den man einfach mögen hat müssen, hat mir einer deiner frühen Weggefährten gesagt, deine unglaublich freundliche Art hat angesteckt. Die großen Sprüche hast du anderen überlassen. Dein Platz war eher in der zweiten Reihe. Im Hintergrund hast du dich genauso wohl gefühlt und pflichtbewusst das getan, was zu tun war. 

Für dieses Pflichtbewusstsein hattest du ein besonderes Gespür. Schon früh hast du deine Liebe zu Tirol entdeckt. Als sich in den frühen 1990er Jahren noch ganz wenige junge Leute in unserem Land für die Heimat eingesetzt haben, warst du mit ein paar Gleichgesinnten schon auf dem Weg, um deine Meinung auch nach außen zu zeigen. Mit den wenigen Mitteln, die es damals eben für junge Menschen von deinem Schlag bei uns gab. Viele von uns hier erinnern sich noch an die Tirol-T-Shirts, die du und dein Bruder vor 20 Jahren zum Selbstkostenpreis im ganzen Land verteilt habt –damals etwas vollkommen Neues, Unerhörtes, beinahe Verbotenes. Da war es dann auch kein Wunder, dass du – nach einigen Richtungskorrekturen – schließlich ein paar Jahre darauf bei den Schützen gelandet bist, dich auch dort gleich eingebracht und Verantwortung übernommen hast. Du hast Flagge gezeigt, im wahrsten Sinne des Wortes, und in Rentsch, deinem Heimatort, zusammen mit dem kleinen Kreis deiner Kompanie dafür gesorgt, dass nach guter alter Tiroler Art das Dorf an allen Festtagen beflaggt wird.

In jener Zeit, ich erinnere mich genau, wart ihr drei Rentschner auf jedem Schützenfest zugegen, und auch später, als es deine Stammkompanie nicht mehr gab und du ins Überetsch umgezogen bist, hast du gleich wieder versucht, dich zu integrieren und deinen Mann zu stellen. Du wolltest dabei sein, wenn die Eppaner das erste Mal mit den frisch gelieferten Paradegewehren zu exerzieren beginnen, und du hast dich auch nicht zurückgezogen, als es darum ging, für die traditionsreiche Schützenkompanie Sepp Kerschbaumer Eppan einen neuen Hauptmann zu finden. 

Ein Jugendfreund von dir hat mir gestern erzählt, wie du ihm einmal gesagt hast, dass es freilich nicht leicht ist, alles unter einen Hut zu bringen, deine Familie, die dir so wichtig war, den Beruf, der dir und deiner Verena viel abverlangte, weil ihr oft verschiedene Arbeitszeiten hattet, das alles zu verbinden mit deiner Aufgabe bei der Kompanie. Und trotzdem sagst du „Sport oder Freizeitvereine sind ein Hobby, das man ausüben kann oder nicht. Schütze ist man im Herzen, da gibt es keine faulen Ausreden.“ Und so handeltest du auch.

Kaum kam über jemanden ein schlechtes Wort über deine Lippen. Du warst stets um Ausgleich bemüht und hattest eine Freude mit allem, was gelang. Die Freundschaft mit der Partnerkompanie Fritzens im Unterinntal wieder zu festigen, war dir ein besonderes Anliegen. Du warst Schütze durch und durch, und auch, wie die Krankheit Einzug in deinen Alltag gehalten hat, hast du trotz deiner Krankenhausaufenthalte in Innsbruck und Bozen und deiner großen Schmerzen bis im März an Kommandantschaftssitzungen teilgenommen – und bei der Andreas-Hofer-Feier im Februar die Kompanie zum letzten Mal kommandiert. Du warst – nach deinen Möglichkeiten – bis zum Schluss für deine Überzeugung da.

Eines deiner letzten Anliegen war es, dass auch vor deinem neuen Haus eine Fahnenstange errichtet wird. Einen Tag, bevor du von uns gegangen bist, wurde dieser Wunsch Wirklichkeit. Die Fahnenstange stand, und zu deinem Abschied grüßten die Farben weiß und rot, die Farben unserer Heimat, die dir so viel bedeuteten.

Lieber Michl, dein Leben und dein Wirken sind uns Vorbild. Weil du mit leisen Worten, egal ob aus der ersten oder zweiten Reihe heraus, immer sehr viel bewirkt hast. Du hast uns gezeigt, dass vieles nebensächlich ist, und dass es viele Wege gibt, um ans Ziel zu kommen. Dass es letztendlich nur darauf ankommt, Einsatz zu zeigen und seiner Überzeugung treu zu bleiben.

Auf das, was du zurücklässt, kannst du stolz sein. Deine Familie, deine liebe Frau und deine wundervollen Kinder, die die schwere Zeit deiner Krankheit tapfer gemeistert haben, deine guten Werke und die vielen schönen Erinnerungen, die wir an dich haben. Sie werden letztendlich, wenn die Tränen getrocknet sind, über die Trauer überwiegen, und wir werden froh sein, dich gekannt zu haben.

Pfiati Michl! Im Gedanken werden wir uns noch oft unterhalten, und überhaupt: Wir werden weiterkämpfen für unsere gemeinsamen Ziele. Du im Himmel, wir hier unten. Davon bin ich fest überzeugt. Pfiati, bis wir uns einst wiedersehen.

Elmar 

 

 

Abschiedsworte der Kompanie:

Lieber Michi

Wir müssen heute nicht mehr an die Front. Wir wissen nicht, was Kälte, Hunger und Leiden ist. Wir müssen das Feuer unserer Vorfahren weitertragen, so wie du es uns vorgemacht hast. Du hast deine oftmals selbstauferlegten Pflichten nicht nur erledigt, sondern es steckte immer sehr viel Überzeugung darin, wie du sie zu Ende gebracht hast. Es war ebenso eine deiner besonderen Gaben, wie du Herausforderungen in die Hände anderer legtest und du die unterschiedlichsten Umgangsweisen derer, die sie übernommen haben, akzeptiertest. Du hast es gleichermaßen verstanden, pflichtbewusst und verantwortungsvoll durchs Leben zu gehen, wie auch zu feiern und in vollen Zügen zu genießen. An dieser Stelle sei die Zigarre erwähnt, die du so manches Mal nach erfüllter Pflicht gezückt hast.

Dein größter Rückhalt war wohl deine Familie, die du dabei hattest, so es irgendwie möglich war. Selbstverständlich sind auch sie diejenigen, denen du am meisten fehlen wirst. Wie sollte es auch anders sein, wenn ein wichtiger Teil, zu dem auch viele andere aufsahen, einer so harmonischen Familie gehen muss? Wir können dich ihnen nicht ersetzen, aber wir werden sie auch in Zukunft herzlich in unserer Mitte willkommen heißen.

Allzu früh trat ein Schatten in dein Leben, der vor gut einem Jahr drohte dein Feuer zu ersticken. Du hast dies nach außen hin mit viel Kraft und einer gewissen Unbekümmertheit getragen. In deinem letzten Lebensjahr hast du gelitten wie keiner von uns.

Trotz deines Leidens und deiner schwindenden Kräfte hast du uns – so es in deiner Macht stand – bis zum Schluss die Stange gehalten.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hast du deinen Kampf gegen den Krebs verloren.

Du hinterlässt eine große Lücke in unserer Kommandantschaft, in unserer Kompanie und vor allem als Kamerad. Doch in deinem Ansinnen sollen wir nicht trauern um einen guten Kameraden, sondern danken für die Zeit und die Erlebnisse, die wir zusammen mit dir, unser geschätzter Hauptmann, genießen konnten und für das, was du uns als Schütze vorgelebt hast.

Wir verabschieden uns von dir so, wie du jede Kommandantschaftssitzung und Vollversammlung beendet hast, mit einem dreifachen: Schützen heil!

 

Zu den Bildern des Südtiroler Schützenbundes

 

 

.

 

 

Kommentar verfassen

Du musst logged in um einen Kommentar zu hinterlassen.